Medienwissenschaft

Prompting Fascism. Medien/Theorien des neuen Faschismus

Öffentliche Ringvorlesung

WiSe25/26

Vorträge in deutscher und englischer Sprache

Institut für Musik- und Medienwissenschaft

Organisiert von Katrin Köppert

In Kooperation mit DFG Forschungsnetzwerk „Gender, Medien und Affekt“

Mit: Sevda Can Arslan, Jasmin Degeling, Patrick Eiden-Offe, Paul Feigelfeld, Katrin Köppert, Sara Morais dos Santos Bruss, Mary Shnayien, Simon Strick, Alberto Toscano, Nisaar Ulama, Xine Yao, Suraj Milind Yengde 

Faschisierung ist zunehmend globale Realität und auch in der medialen Auseinandersetzung allgegenwärtig. Immer öfter wird nicht mehr nur von Populismus und Autoritarismus gesprochen, sondern eben von der Bewegung und Ideologie, an dessen Ende nicht nur die Zerstörung des politischen Gegners steht, sondern – im Zuge der von rechts forcierten Leugnung von Klimawandel – des Lebens ganz generell. Mit diesem neuen Faschismus – so scheint es – sind wir aufgefordert, zu verstehen, dass der Kapitalismus vom Tod lebt und der Mensch von der Lust an seinem Untergang (Gandesha 2020). Was sind die affektiven Bedingungen und soziomedialen Verhältnisse, die Faschismus haben virulent und zum Milieu werden lassen, sodass der Eindruck entsteht, es gäbe einen Prompt, also eine Anweisung, die Welt dem Niedergang zu weihen? 

Sofern ein Prompt nicht nur eine Anweisung ist, die einer Künstlichen Intelligenz gegeben wird, um eine bestimmte Ausgabe zu erzeugen, sondern der Wunsch, etwas anzuregen, stellt sich die Frage nach dem Begehren. Unter dem Stichwort „Prompting Fascism“ widmet sich die Ringvorlesung der Frage, welche affektiven Bedingungen die Eingabe motivieren, deren Ausgabe Faschismus ist. 

Der Prompt dient dabei jedoch nicht nur als Denkfigur. Er verweist direkt darauf, inwiefern der neue Faschismus in der Logik generativer Technologien verstanden werden kann, deren Merkmal die Absenz von Menschen bzw. die Dehumanisierung durch zum Beispiel die Entwertung menschlicher Arbeit ist, insbesondere entlang der Achsen Geschlecht, Race, Klasse und Ability (Watkins 2025). KI wird daher als Medium des Faschismus im Fokus der Vorlesung stehen. Wenn KI dabei als mediales Verhältnis betrachtet wird, das den Menschen bzw. die menschliche Arbeit wie auch Klimagerechtigkeit für verzichtbar erklärt, gerät wiederum der Prompt und das sich mit dem Prompt vermittelnde Begehren nach KI und deren Ausgabe kritisch in den Blick. 

16. Oktober 2025 18:00 - Was ist Faschisierung? Einige theorie- und begriffshistorische Vorüberlegungen
Patrick Eiden-Offe

Zentrum für Antisemitismusforschung, Kaiserin-Augusta-Allee 104, KAI 1315 - Hybrid / Deutsch

Vor dem Faschismus kommt die Faschisierung – so heißt es in einer Polemik der 1970er Jahre. Vielleicht lassen sich aber auch Prozesse der Faschisierung untersuchen, die nicht auf das eine geschlossene System des Faschismus hinauslaufen? – Der Vortrag schlägt den Begriff der Faschisierung als ein elastisches Instrument der Gegenwartsanalyse vor, mit dem sich heterogene und durchaus auch widersprüchliche Strategien vergleichend erfassen lassen, ohne sie von vornherein vereinheitlichen zu müssen. Dabei erweist sich ein Rückgang ins Archiv der Faschismus- und antifaschistischen Theorien als instruktiv. Zuletzt versucht der Vortrag einige theorie- und begriffshistorische Vorüberlegung zu der Frage zu liefern, wie sich Faschisierung unterbrechen und verhindern ließe.

Patrick Eiden-Offe ist Germanist. Am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) ist er Ko-Leiter des Programmbereichs „Theoriegeschichte". Er schreibt an einer intellektuellen Biografie des ungarischen Literaturtheoretikers und Revolutionärs Georg Lukács und leitet das Berliner Team im Horizon-Europe-Projekt „The Cartography of the Political Novel in Europe" (caponeu.eu).

EXTERNALE VERANSTALTUNG

Teil der Veranstaltungsreihe „Faschisierung – analytische Perspektiven, Schauplätze, Gegenstrategien“

21. Oktober 2025 18:00 - Woke Fascism: Lessons from the anti-caste movement for a new politics of our times
Suraj Milind Yengde

Haus der Kulturen der Welt Berlin, Safi Faye Hall - Präsenz / English

'Woke' is an ambivalent term that carries both progressive and conservative connotations on the left and right ends of the political spectrum. Understandings of what constitutes 'wokeness' have shifted significantly from the collective organizing by politically oppressed groups at the dawn of the current century, to a more contested—and even derogatory—term proliferated on social media in the years preceding the COVID-19 pandemic. The public discourse surrounding wokeness in recent years has begun to shape a future characterized by further entrenchment of power and separatist ideals through accusatory logics.
In this keynote,Yengde revisits the Ambedkarite movement, an anti-caste movement led by politician and economist B. R. Ambedkar (1891–1956), to explore possible means of responding to the political abstruseness of our times conjured by the discourse surrounding wokeness. The lecture examines some of the methods used by Ambedkar, including ways to practice social equality and to reinterpret religious beliefs to build social consciousness. In so doing, Yengde considers potential strategies that can be employed in today's increasingly polarized political landscape.

Suraj Milind Yengde is a scholar and activist who is well known for his work on caste, race, solidarity, and politics of the marginalized communities. He was named in GQ's list of 25 Most Influential Young Indians for his contribution to scholarship and contemporary thought and he has two doctorates. Yengde has published three books, more than a dozen academic articles, and over 150 articles in public scholarship and he is the author of Caste: A Global Story (2025). After spending nearly a decade at Harvard he is currently an Assistant Professor of History and Africana Studies at the University of Pennsylvania.

EXTERNALE VERANSTALTUNG

Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung Global Fascisms am Haus der Kulturen der Welt (HKW) Berlin in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und dem Forschungsprojekt Digital Blackface. Rassisierte Affektmuster des Digitalen (gefördert von VolkswagenStiftung)

12. November 2025 18:00 - The Dork Enlightenment. Warum die Medientheorie schuld am Technofaschismus ist 
Paul Feigelfeld

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

THE DORK ENLIGHTENMENT

Die technofaschistischen Entwicklungen hin zu einem AI-toritarismus, der demokratische Strukturen zersetzt und zivilgesellschaftliche Partizipation zerstört, entlarven das angeblich zu zivilen Medien missbrauchte Heeresgerät als immer schon totale Technologien. Während mittlerweile klar geworden ist, dass der neoliberalisierende Charakter des Internets auf kaum mehr als einer kurzen Phase von PR Strategien à la „Connecting People" oder „Declaration of Independence of Cyberspace" aufbaut, ist die Rolle der ebenso in den 1980er und 1990er Jahren entstehenden Medientheorien in Großbritannien und Deutschland als diskursive Schaltpläne für Überwachungskapitalismus und Technofaschismus wenig beleuchtet. „The Dork Enlightenment" untersucht die theoretischen Kurzschlüsse und Crackpot Theories und fragt, wie sich Gegenkulturtechniken denken und bauen lassen.

Prof. Dr. Paul Feigelfeld ist Kultur- und Medienwissenschaftler. Er ist Professor für Digitalität und kulturelle Vermittlung und Teil des Instituts für Open Arts an der Universität Mozarteum Salzburg, sowie Co-Direktor des Data Arts Forum. 2021-23 war er Professor für Wissenskulturen im Digitalen Zeitalter am Institut für Designforschung der HBK Braunschweig und bis 2025 Gastprofessor am Lehrstuhl für Medientheorien der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Arbeit erforscht transkulturelle und transmediale Ansätze zur Medien- und Wissensgeschichte, kritische Perspektiven auf Technologien und deren (Dis-)Funktionen in Politik, Gesellschaft, Ökologie und Kunst. Er kuratiert Ausstellungen und berät Kunstinstitutionen wie das HKW Berlin, Vitra Design Museum und das MAK Museum für Angewandte Kunst Wien, wo er Gastkurator der Vienna Viennale 2019 mit „Uncanny Values. Künstliche Intelligenz & Du" war.

INTERNE VERANSTALTUNG

19. November 2025 18:00 - Radikalisierte Un/Endlichkeiten
Mary Shnayien

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

INTERNE VERANSTALTUNG

26. November 2025 18:00 - Das Phantasma der reinen Sprache
Nisaar Ulama

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

Das Phantasma der reinen Sprache

„Reine Sprachen" wie in Algorithmen und Kalkülen, der Dyadik von 0 und 1 oder der Idee einer mathesis universalis bilden die Grundlagen digitaler Dispositive und damit auch künstlicher Intelligenzen. Die Formalisierung des Wissens ermöglicht Operationen, gegen die sich gesprochene Sprachen in ihrer Mehrdeutigkeit sperren. Hierzu zählen mathematische Berechnungen, aber ebenso die biopolitischen Techniken einer Regierbarkeit des Lebens und der Kalkulierbarkeit des Todes.Reinheitsphantasien sind aber auch wesentlich für die Faschismen des 20. wie 21. Jahrhunderts: Der rassifizierte Kollektivkörper soll ebenso „rein" sein wie die Sprache – um nicht das Gebot einer Setzung des Totalen zu untergraben. Der Vortrag wird Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Phantasien analysieren.

Dr. Nisaar Ulama hat Philosophie, Politikwissenschaften und Völkerrecht in Bonn studiert und wurde an der Bauhaus-Universität Weimar promoviert. Er war Stipendiat des DFG-Graduiertenkollegs „Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens" (Potsdam/FU Berlin), sowie Mitarbeiter am Institut für Philosophie und Ästhetische Theorie der Akademie der Bildenden Künste München. Derzeit Lehrbeauftragter an der Weißensee Kunsthochschule Berlin.

INTERNE VERANSTALTUNG

3. Dezember 2025 18:00 - Racial pessimism and capitalist stagnation: The ghosts in the technofascist machine
Alberto Toscano

Online - Online / English

The US tech right is obsessively preoccupied with the morbid symptoms of the white West's decadence decline – de-natalism, transness, the "Great Replacement", and so on. At the same time, the eye-watering and improbable market capitalization of its vanguard companies and their stocks are propping up an otherwise listless economy, while blanketing the earth with energetically insatiable data centres, from the ruins of Gaza to the forests of the Amazon, seems to be the 21st century riposte to the Marshall Plan. This talk will explore some of the possible articulations between the superstructural returns of the ideology of "racial pessimism" and the political economy of tech dominance.

EXTERNALE VERANSTALTUNG

PROMPTING FASCISM // MEDIEN/THEORIEN DES NEUEN FASCHISMUS

6. Dezember 2025 19:00 - A Feminist Killjoy Through a Gauze Darkly
Xine Yao

Haus der Kulturen der Welt Berlin, Safi Faye Hall - Präsenz / English

EXTERNALE VERANSTALTUNG

17. Dezember 2025 18:00 - Präemptiver Faschismus. KI als Medientheorie der Faschisierung?
Katrin Köppert

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

Nach Alberto Toscano (2023= stellt Faschismus unter dem Brennglas der Kategorie race ein Set repressiver Taktiken innerhalb demokratischer Systeme dar, zu dem unter anderem karzerale (einsperrende) Gewalt gehört. Diese Gewalt reagiert weniger auf die Wahrscheinlichkeit oder Aktualität einer Bedrohung, sondern die pure Möglichkeit ihres Eintreffens. Unter dem Begriff des präemptiven Faschismus greift der Vortrag die Logik der realitätsstrukturierenden Antizipation von Gefahr auf und diskutiert Faschismus im medialen Verhältnis prädiktiver Operationen korrelationsbasierter Komputation. Damit steht die Frage im Zusammenhang, inwiefern Komputation bzw. Künstliche Intelligenz eine geeignete technologische Infrastruktur für Faschismus darstellt und ob KI bei der Theoriebildung neuer Faschismen hilfreich sein kann.

Prof.*in Dr.*in Katrin Köppert ist Kunst- und Medienwissenschaftlerin. Sie vertritt derzeit die Professur für Medientheorie und ist Juniorprofessor*in für Kunstgeschichte/populäre Kulturen an der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Sie ist die Ko-Leitung des VW-Forschungsprojekts „Digital Blackface. Rassisisierte Affektmuster des Digitalen" und des DFG-Forschungsnetzwerks „Gender, Medien und Affekt".

INTERNE VERANSTALTUNG

7. Januar 2026 18:00 - Faschisierung als Plattform: Ungleichzeitigkeit und Reaktion
Simon Strick

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Hybrid / Deutsch
14. Januar 2026 18:00 - ‚Laut Polizeiangaben‘: Faschisierungstendenzen in der Berichterstattung über Polizeigewalt in Präsenz, dt.
Sevda Can Arslan

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

Laut Polizeiangaben': Faschisierungstendenzen in der Berichterstattung über Polizeigewalt

Der Vortrag analysiert am Fall von Ante P., der 2022 in Mannheim durch Polizeigewalt starb, wie sich Faschisierungstendenzen in der Berichterstattung manifestieren. Auf Basis der Diskurshistorischen Analyse nach Reisigl und Wodak (2016) wurden 116 Artikel der führenden Lokalzeitung „Mannheimer Morgen" über zwei Jahre untersucht. Die Analyse zeigt Strategien der Legitimation polizeilicher Gewalt, etwa das Verschweigen von Themen und Akteur_innen, Anonymisierung, Pathologisierung, Ethnisierung, Kriminalisierung und Individualisierung. Die Zeitung reproduziert damit gesellschaftliche Machtasymmetrien wie Rassismus und Ableismus, statt polizeiliche Verantwortung kritisch zu hinterfragen.

Dr. Sevda Can Arslan arbeitet als Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Paderborn. Sie lehrt und forscht aus machtkritischer Perspektive u. a. zum Thema Polizeigewalt und Medien. Außerdem engagiert sie sich in der Initiative 2. Mai Mannheim gegen Polizeigewalt.

INTERNE VERANSTALTUNG

21. Januar 2026 18:00 - AI Slop Summer: Automatisierung, Disaffizierung, Faschisierung
Sara Morais dos Santos Bruss

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

2025 saw the rise of low-cost, mass produced, viral, and AI generated content - now commonly referred to as AI slop. AI slop has been read as useless, garbage content, and has oftentimes been framed as a new paradigm, said to be breaking the once liberal and relational internet. But what if AI slop is not departing from, but simply updating and mass producing the technological microfascisms inherent to digital spaces from the start?
Indeed, the viral, automated and decontextualized performance of AI slop renders it method rather than content, which merely accentuates the way that AI Slop is radically decontextualized, and thus seemingly devoid of meaning. As such, the synthetic and viral images are an aesthetic form that, in interpellations of subjectivity, turns social recognition into programmable rivalry. However, as Wendy Chun has noted, rather than escalating these desires into conflict, the digitally produced mimesis keeps humans in the loop, resulting in continuous performance without catharsis, in suspended, disaffected performance of empty desire. Gaining popularity before a backdrop of institutional erosion and economic precarity, AI slop produces an aesthetic subject that is willing to give up agency, while remaining continuously in the loop. Do these modes render the user a passive subject of a fascisized technological republic? Or are there modes of suspension from which we may find a reorientation of politics?

INTERNE VERANSTALTUNG

28. Januar 2026 18:00 - Diffraktiver Antifaschismus
Jasmin Degeling

Medientheater, Georgenstr. 47, Humboldt-Universität zu Berlin - Präsenz / Deutsch

Diffraktiver Antifaschismus

In Anschluss an die jüngere Debatte einer Kritischen Theorie des Digitalen Faschismus, dessen ökonomische Bedingung differentielle Verteilungskämpfe um Fürsorge, Sicherheit und Wohlstand bildet, wird für die notwendige Kritik differentieller Gewalt argumentiert, die eine Ordnung der Unterscheidung und Ungleichheit vergesellschaften, die Faschismen ausbeuten. Dieser Zugang wird in medienwissenschaftlicher und affekttheoretischer Perspektive um eine Kritik differentieller Empfindungsweisen erweitert, die insbesondere die Modi der Ausbeutung des Affektiven in Faschisierungsprozessen in den Blick rückt. Dieser Diagnose begegnet der Beitrag mit dem methodischen Vorschlag eines diffraktiven Antifaschismus: Mit dem Begriff der Diffraktion ist es möglich, die Differentialität von Ordnungen der Empfindung verschränkt mit immer schon opaken und doch kontigenten soziomedientechnischen Bedingungen zu denken und Verschränkungen von medialen und technischen Infrastrukturen, intersektionalen Klassenverhältnissen, Empfindungsweisen und Betroffenheiten zu situieren.

Jun.-Prof. Dr. Jasmin Degeling (Bauhaus-Universität Weimar) arbeitet zu (Digitalem) Faschismus und rechter Gewalt, Medien der Sorge, Medienanthropologie, medienwissenschaftliche Gender, Queer und Affect Studies und Erinnerungskulturen und Erinnerungspolitiken. Aktuelle Forschungsprojekte zu Diffraktivem Faschismus sowie zu einer postdigitalen Medientheorie der Solidarität.

INTERNE VERANSTALTUNG